Beiträge von Stefan K.

    Ich bin so unendlich erleichtert, dass es nun vorbei ist, wie heute Abend ganz überraschen zu lesen war!

    Ehrlich gesagt habe ich nicht mehr an ein positives Ende geglaubt, aber manchmal gibt es anscheinend doch eine unerwartet gute Wendung im Leben. Vielleicht werde ich über die Feiertage mit der Bahn einen kleinen Tagesausflug machen, um ein wenig Abstand und Entspannung zu finden vom Stress der letzten Wochen. Das hat mich psychisch wirklich ganz schön mitgenommen, auch wenn das für Andere vielleicht schwer zu verstehen ist.

    ... und dann war da noch der Begriff der "Schwererziehbarkeit".

    Ja, „schwererziehbar“ war in der Tat eine politische Kategorie und kein Begriff, der einer wissenschaftlich haltbaren Pädagogik entstammt. Schwererziehbar konnte damals alles mögliche bedeuten und umfasste Kinder zum Beispiel aus schwierigen Elternhäusern genauso wie Kinder mit medizinisch Auffälligkeiten wie Autismus oder ADHS. Dieser Begriff bedeutete alles und gar nichts, war beliebig dehnbar wie es den Erwachsene gerade in die Situation passte. Auch ich galt damals (wen wundert es) als schwererziehbar.

    Wird dieser Begriff heute überhaupt noch verwendet? Soweit ich weiß nicht und darüber bin ich sehr froh, weil er maximal ein Symptom beschreibt, aber niemals eine Ursache.

    Das war eher als rhetorische Frage gemeint, weil es viel über die Gesellschaft aussagt, wenn an den mächtigen Positionen oft nur Leute sitzen, die ihr ohne nach links und rechts zu blicken, mit einem sturen Tunnelblick nur ihre eigenen Interessen verfolgen, ohne das große Ganze im Blick zu behalten. Wohl auch ohne Fähigkeit zur echten Perspektivübernahme, wie es der Gegenseite und allen sonst noch betroffenen Menschen damit gehen könnte.

    Es sitzen meiner Meinung nach wirklich die falschen Leute an den Schaltstellen mächtiger Positionen. Wobei ich vermute, die wirklich empathischen und sozial eingestellten Menschen zieht es gar nicht erst in Politik und Wirtschaft.

    Nun kommen Sie also, die neuen Streiks. Besonders mies finde ich die angedrohten Wellenstreiks ohne Vorankündigung, so dass weder Bahnfahrerinnen noch Bahnpersonal die Möglichkeit haben, sich vorher darauf einzustellen.

    Bin ich der einzige, der darin sadistische Züge erkennt, eine klammheimliche Freude am Machtausüben? Etwas Psychopathologisches oder (drastisch gesagt) eine Form von Täterverhalten unterhalb der Strafbarkeitsgrenze?

    Warum lassen wir es als Gesellschaft zu, dass solche Täterpersönlichkeiten (Seiler ist sicher auch nicht viel besser) die Geschicke unseres Landes bestimmen???

    Ich finde das eine sehr schöne Idee mit dem Gedenktag für Heimkinder :)

    Bei uns in Niedersachsen lief vor kurzem eine Diskussion, vielleicht den Weltfrauentag (8. März) zum gesetzlichen Feiertag zu erheben. Das sehe ich mit gemischten Gefühlen. Natürlich erleben Frauen bis heute viel zu viele Benachteiligungen. Sie sind aber nicht pauschal Opfer, sondern können (gerade im Zusammenhang mit Heimerziehung) auch Täterrinnen sein. Deshalb ist ja bei diesem Vorschlag immer etwas ambivalent zumute.

    Die ehemaligen Heimkinder wären dagegen eine Personengruppe, die wirklich unser uneingeschränktes Gedenken verdient hätte. Ich fürchte nur, die Lobby für einen solchen Gedenktag wird in der Politik kaum vorhanden sein.

    Dass ich für mehrere Jahre im Heim war, erzähle ich normalerweise niemandem, außer Therapeutinnen oder Menschen, die ich ohne schlechtes Gewissen als gute Freunde bezeichnen kann. Viele sind das natürlich nicht.

    Ich kann nicht behaupten, dass ich so bewusst zu meiner Kinderheimzeit stehen kann, wie du es für dich beschreibst. Für mich ist diese Zeit immer noch mit Scham verbunden, obwohl ich mir sage: Objektiv brauche ich mich dafür nicht zu schämen. Es war ja nicht meine Schuld als Kind, dass ich ins im Heim musste, sondern die das Versagen der Erwachsenen. Die Scham ist wahrscheinlich ein unverarbeitetes Introjekt von damals, das ich nie losgeworden bin.

    Der einzige „Vorteil“ meiner Kinderheimzeit liegt wahrscheinlich darin, dass ich den Wert einer liebevollen und glücklichen Kindheit heute als Erwachsener umso mehr zu schätzen weiß. Es hilf mir heute nur nicht mehr viel, denn ich kann meine Kindheit ja nicht nachholen und das lässt auf der anderen Seite auf wieder viel Wehmut zurück.

    Heimzeit 60er Jahre oder Heimzeit 80er Jahre, so hoffe ich, dass einige aggressive Erziehungmethoden nicht mehr angewandt wurden. Schön Dich zu lesen.:)

    Schläge und körperliche Gewalt habe ich im Heim (bis auf einmal einen Klaps) zum Glück nicht mehr erlebt, das war damals schon verboten. Die psychische Gewalt (z.B. anschreien oder ungerechtfertigte Strafen, Kontaktbeschränkungen zu den Eltern), verbunden mit der lieblosen Atmosphäre, war jedoch auch sehr belastend. Dazu kam der generelle Trennungsschmerz durch das auf mich allein gestellt sein, fernab der Familie. So etwas prägt einen als Kind sehr tief.

    Ich bin sicher, zumindest psychische Gewalt war in den 1980er- Jahren noch weit verbreitet. Vielleicht ist sie es bis heute, ich befürchte das leider.

    Das verstehe ich absolut. Vieles kann ja auch triggernd sein für Menschen, die ähnliche Dinge durchlebt haben. Ich kann mir selbst auch nicht immer alle Berichte über Heimkinder durchlesen. Besonders wenn es sich um Berichte aus der Nachkriegszeit handelt, wo ja noch viel schlimmere Zustände herrschten als ich sie Mitte de 1980er-Jahre erlebt habe.

    Manchmal denke ich, dass ich mit meiner Geschichte noch vergleichsweise gut weggekommen von. Belastend war es trotzdem und vieles, was ich noch in den 1980er-Jahren erlebt habe, entsprach absolut nicht dem, was man sich heute unter einer kindgerechten Erziehung vorstellt. Wobei sich die Einrichtung nach außen hin (auch gegenüber den Eltern der Kinder) immer ganz anders dargestellt hat, das war das Schlimme!

    Ja das ist richtig.

    Okay, das ist gut zu wissen, dann kann ich hier nun auch ein wenig freier schreiben.:)

    Ich möchte zum Beispiel nicht öffentlich schreiben, in welcher Einrichtung ich als Kind war. Grund: Schon vor vielen Jahren hatte ich mit dem Kinderheim einen ausführlichen Mailverkehr, in dem ich sehr direkt und auch anklagend geschrieben habe, was ich dem Heim heute im Nachhinein vorwerfe. Dieser Mailverkehr kostete mich damals viel Kraft und verlief im Ergebnis nicht so, wie ich mir das erhofft hatte. An die Öffentlichkeit möchte ich diese Auseinandersetzung nicht ziehen, das wäre mir auch heute noch zu viel.

    Was auch eine Rolle spielt: Ich möchte alles vermeiden, was mich identifizierbar machen könnte. Auf meiner Website schreibe ich über viele sehr persönliche und auch schambehaftete Dinge, zum Beispiel über meine Jugendsünden und sogar über erotische Vorlieben, sofern ich mir sicher bin, dass sie mit meiner Vergangenheit in Verbindung stehen. Das sind Themen, auf die ich (im krassesten Fall) nicht in meinem realen Umfeld angesprochen werden will. Ich könnte auch niemals offen schreiben, wenn ich zum Beispiel wüsste, meine Familie könnte hier (theoretisch) mitlesen.

    Ich hoffe, ihr könnt meine Sorgen dazu verstehen.

    Hallo Wally,

    vielen Dank!

    Meine Frage wäre noch, ob es diesem Forum auch Bereiche gibt, die nur für registrierte User und nicht für die Öffentlichkeit sichtbar sind. Es gibt einfach Themen (Ängste, Trauma, Verletzungen usw.), über die ich nur in einem geschützten Rahmen offen sprechen könnte. Ich hoffe, das versteht ihr. Beim ersten Durchsehen konnte ich solche geschützten Bereiche nicht finden, deshalb meine Nachfrage.

    Vielen Dank für die Freischaltung und die Willkommensgrüße!

    ich bin Stefan, mittlerweile 51 Jahre alt. In den 1980er-Jahren war ich für 4 Jahre im Kinderheim untergebracht wegen einer Sprachbehinderung, unerkanntem Autismus und diverser Familienprobleme. Seit 2022 habe ich mir eine kleine Website zugelegt, mit der ich die Kinderheimzeit (und die Folgen) zu sortieren und zu verarbeiten versuche.

    Was mir noch fehlt, ist der Austausch mit Menschen, die ebenfalls Heimerfahrung haben. Eine reale SHG zu diesem Thema gibt es in meiner Region leider überhaupt nicht. Deshalb die Idee, es über ein Online-Forum zu versuchen.