Immer wieder hört und liest man Geschichten über ehemalige Heimkinder (zwischen den 50er und 70er Jahren), das sie damals in den Heimen ausgeliefert, gedemütigt, sexuell missbraucht, seelischen Qualen ausgesetzt waren. Viele kämpfen heute noch mit den Folgen. Auch heute leben noch 100.000 Kinder in Heimen und Jugendwohneinrichtungen. Viele trauen sich nicht darüber zu reden, weil sie immer noch noch mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Dieses Forum möchte dabei helfen, Vorurteile abzubauen und Erlebtes ein wenig zu verarbeiten. Jeder ist dazu herzlich eingeladen.
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Selbstjustiz
#1
Sicher, heute kann es jeden treffen, das ein dir nahestehender Mensch getötet wird. Wenn ich mir vorstelle, das mein Kind getötet wurde, also ermordet, aus welchen Gründen auch immer, würde sich mit der Trauer Wut und Hass vermischen. Der Gedanke an den Mörder meines Kindes würde mich nicht mehr los lassen und alles dreht sich nur noch darum, wie du dich rächen kannst. Er nahm meinem Kind das Recht zu leben, warum sollte dann der Mörder das Recht zum weiter leben haben?

Ein paar Jahre Knast um irgendwann auf Bewährung raus zu kommen würden mir keine Befriedigung bringen. Eher im Gegenteil. So kommt vielleicht der Gedanke, das Recht selbst in die Hand zu nehmen.

Mich würde interessieren, was Ihr von Selbstjustiz haltet? Würdet Ihr es dem Gericht überlassen und hoffen, das er so bestraft wird, das es für dich selbst eine  Genugtuung ist?

Wie würdet Ihr damit umgehen? Was würdet Ihr tun?
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#2
Ich wüßte nicht so genau was ich tun würde. Ja der Gedanke an Rache würde mich wahrscheinlich auch innerlich zerfressen. Doch dadurch würde ich mein Kind nicht wieder zum Leben erwecken. 

Der zweite Gedanke, warum soll ich für den Mörder meines Kindes in den Knast gehen? Er leidet nicht mehr, doch die Qual mein Kind nie wieder zu sehen, würde mich trotz allem nicht verlassen.

Dann würde ich lieber mit therapeutischer Hilfe versuchen, meine Trauer und die Art wie mein Kind um gekommen ist, zu verarbeiten, damit mein Leben wieder normal verlaufen könnte.
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#3
Vorab: Ich habe den Kriegsdienst verweigert und musste mich seinerzeit als junger Mensch einer "Gewissensprüfer-Kommission" stellen. Ein unmenschliches Procedere!
In den 1 1/2 Stunden kam ich mir vor wie ein Angeklagter, der allerdings nichts "verbrochen" hatte, sondern nur sein Grundrecht in Anspruch genomen hatte.
Töten kam und kommt für mich nicht infrage.

Bei der Selbstjustiz ist es für mich ähnlich. Derjenige, der Selbstjustiz ausübt, der wird selbst zu einem Täter.

Wut, Hass und Genugtuung, was auch immer - sie verändern nicht meine Situation - machen mich eher zu einem "gedanklichen Täter".

Vorherrschend bei mir wäre: tiefgreifende Trauer.

Ja, der andere Mensch muss für seine Tat bestraft werden und das ist die Aufgabe des Staates und das unabhängige Gericht entscheidet darüber und über das Maß. Das ist nicht meine Angelegenheit.

Die Bestrafung des Täters darf nicht mit einer Art von "Befriedigung und Genugtuung" verknüpft werden, denn sie ändern ja nichts an der Grundsituation.

Übrig bleibt - so schlimm das auch ist - meine tiefgreifende Trauer.

Mein Leben könnte keinesfalls normal weitergehen, denn das, was geschehen ist, war nicht normal.
Ein Teil von mir ist gebrochen.
Und ob und wie ich damit umgehe, ob ich "Hilfe" annehmen kann oder nicht, ich lasse dies mal offen.
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